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Rückblick: UniverSaale beim Klang der Stolpersteine 2024

(Diesen Inhalt gibt es leider noch nicht in leichter Sprache. Wir arbeiten gerade daran.)

Schüler*innen der UniverSaale (Jahrgänge 8, 9 und 11) haben zum »Klang der Stolpersteine«, einer künstlerischen Aktion zum Tag der Reichspogromnacht in Jena, zwei (von insgesamt 60) Beiträge erarbeitet, zum Gedenken an:

  • die Schwestern Elisabeth Ammon und Anna Margarethe Clara Ammon
  • sowie das Ehepaar Clara und Hermann Friedmann.

Elisabeth Ammon und Margarethe Ammon lebten mit ihrer Familie in der Grietgasse 22 und wurden aufgrund psychischer Erkrankungen 1927 in die »Landesheilanstalt Blankenhein« 1927 bzw, 1937 eingewiesen und nach Aufenthalt dort 1940 im Zuge der T4–Aktion in Pirna-Sonnenstein bzw. Zschadraß vergast. Die T4 Aktion bezeichnet den systematischen Massenmord an Menschen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen zwischen 1940 und 1941. Das Ehepaar Friedmann war jüdischen Glaubens. Sie lebten und betrieben eine Fleischergeschäft in der Grietgasse 24/​25. Hermann Friedmann wurde direkt nach der Reichspogromnacht am 1938 zusammen mit seinem Sohn Arthur verhaftet und ins Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Er wurde gezwungen sein Geschäft in der Grietgasse zu veräußern und starb an den Haftfolgen 1940. Seine Frau wurde, nachdem sie ihr Haus räumen musste, nach Buchenwald 1942 deportiert und dort 1944 dort ermordet.

Mit musikalischen Beiträgen, biografischen Vorstellungen der Opfer, Zitaten und Impulsfragen erinnerten die Schüler*innen an diese vier Menschen. In einer selbst geschriebenen Rede mahnten sie die aktuellen Entwicklungen in Deutschland an. Über den Beitrag der UniverSaale gibt es einen Video auf Jena-TV vom 8.11.: Bitte hier klicken.


Rede Marika Nitzsche und Mathilde Stern zum Klang der Stolpersteine 2024

»Wir sind heute hier versammelt, um an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern, die wegen ihrer Religion, ethnischen Herkunft, Sexualität oder ihrer geistigen oder körperlichen Einschränkungen massenhaft gezielt verfolgt und ermordet wurden.

Wir haben das Glück, in einer Demokratie zu leben, die unsere Grundrechte gewährleistet und unsere Menschenrechte schützt, unabhängig davon, welcher Gruppe wir angehören. Ich bin dankbar, Teil einer Gesellschaft zu sein, die mir die Möglichkeit gibt, an meiner Schule gemeinsam mit Menschen zu lernen, die andere Lebenserfahrungen haben als ich. Ich bin froh, dass meine Mitmenschen keiner Gefahr ausgesetzt sind, nur weil sie sich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlen oder an einen anderen Gott glauben. Dass sie sich nicht vor der Gesellschaft verstecken müssen, nur weil sie eine andere Hautfarbe oder andere körperliche oder geistige Voraussetzungen haben.

Leider müssen wir beobachten, wie sich Denkmuster wie im Nationalsozialismus heute wieder und immer stärker ausbreiten. Seit 2014 sind rechtsextremistische Angriffe auf internationaler Ebene um 250 Prozent angestiegen. Es gibt heute so viele rechte Angriffe wie zu keinem anderen Zeitpunkt in den vergangenen 50 Jahren. Gleichzeitig mit dem Rechtsruck in unserer Gesellschaft steigen auch die Straftaten gegenüber sogenannten Minderheiten in Deutschland. In den letzten Jahren hat sich die Anzahl von antisemitischen und islamfeindlichen Straftaten verdoppelt, die Mehrheit war hierbei politisch rechts motiviert. Die antiziganistischen Straftaten – also Straftaten die sich gegen Sinti und Roma richten – steigen ebenso mit jedem Jahr an. Beinahe die Hälfte aller schwarzen Personen (oder people of color) hat in den letzten Jahren unter Diskriminierung leiden müssen. Jährlich suchen Tausende von Menschen Hilfe wegen Diskriminierung auf Grund ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Religion, einer Behinderung oder ihrer sexuellen Identität.

Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der aktuellen politischen Situation Deutschlands wider. Die letzten Wahlen zeigen, dass die AfD, welche von dem Thüringer Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, immer mehr Zustimmung in der Gesellschaft findet. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gab es keine Partei in diesem Land, die sich so offen gegen bestimmte Personengruppen positionierte und äußerte. Laut der AfD handelt es sich bei der Inklusion von Menschen mit Behinderung um einen »Irrweg«, es sei ein »Ideologieprojekt« und ein »Belastungsfaktor«, von dem das Bildungssystem befreit werden müsse.

Zudem sprechen sie sich in ihrem Wahlprogramm offen gegen die Rechte von LGBTQI+-Personen aus und lehnen die Förderung einer offenen Sexualaufklärung ab. Sie behaupten, das traditionelle Familienbild dürfe dadurch nicht zerstört werden und die Kinder dürften in der Schule nicht zum Spielball der sexuellen Neigungen einer lauten Minderheit gemacht werden. Bei einer Landtagssitzung in Sachsen-Anhalt fordert AfD-Abgeordneter Andreas Gehlmann: »Homosexuelle ins Gefängnis? Das sollten wir in Deutschland auch machen!«. Die AfD spricht außerdem von einem »Bevölkerungsaustausch« und einem »Volkstod«, zwei Begriffe, die aus dem Vokabular nationalistischer Ideologien stammen. Sie malen ein Bedrohungsszenario durch Migration und Diversität an die Wand und lehnen das individuelle Recht auf Asyl ab. Marcel Grauf, ein Mitglied der AfD, sagt: »Immerhin haben wir jetzt so viele Ausländer im Land, dass sich ein Holocaust mal wieder lohnen würde.«

Und genau wegen solchen Sichtweisen und Äußerungen, wegen solcher menschenverachtenden Einstellungen, die anscheinend immer mehr Anklang in unserer Gesellschaft finden, ist es umso wichtiger, dass wir, wie wir heute hier stehen, dagegenhalten.
Lasst uns nicht als Zuschauer an der Seite stehen! Lasst und stattdessen unsere Werte vertreten, damit die Inklusivität unserer Gesellschaft nicht verloren geht. Die Ideologien der Vergangenheit dürfen nie wieder einen Halt in dieser Gesellschaft finden! Lasst uns für jeden Hassredner und für jede Drohung gegen unsere unschuldigen Mitmenschen, doppelt so laut sein, uns zusammenschließen und gegenseitig schützen. Jeder Mensch verdient es, als Mensch behandelt zu werden.«

veröffentlicht am 11. November 2024